Die klassische Lebensversicherung: Ein deutsches Sorgenkind?
Über Run-off Gesellschaften entledigen Generali & Co. sich hochverzinster Kapitallebensversicherungen
Auch wenn die BaFin die Situation der deutschen Lebensversicherer bis dato noch als „nicht existenzbedrohend“ bezeichnet, so hat es dennoch den Anschein, dass viele Unternehmen nur noch überleben, statt wirtschaftlich zu sein. Die hohen Garantien aus der Vergangenheit sind für die Lebensversicherer eine große Last. Aus dieser Not heraus erwägen viele, sich von einem Teil an hochverzinsten Lebensversicherungsbeständen zu trennen, um zu überleben. Dennoch stehen viele Anbieter gegenüber dem Outsourcing von Lebenspolicen an spezialisierte Abwicklungsgesellschaften nach wie vor kritisch gegenüber. Zum einen sorgen sie sich vor schlechter Publicity und zum anderen vor wirtschaftlichen Hürden. Auf der Suche nach Alternativen setzen sie immer mehr auf Alternativen und die Konkurrenz zum externen Run-off wächst.
Zurückzuführen ist die Entwicklung auf das Jahr 2008. Mit Ausbruch der Finanzkrise wurden damals weltweit auch die Leitzinsen gesenkt. Infolgedessen wurden die tausenden Verträge, die in den Jahren zu vor von bis zu vier Prozent geschlossen worden waren, für Versicherer zu enormem finanziellem Ballast. Diese von den Gesellschaften unbeliebten Verträge wurden dann intern abgewickelt, wie beispielsweise bei Ergo oder der Bayerischen Beamten Lebensversicherung. Neu gegründete und unbelastete Gesellschaften bearbeiteten fortan das Neugeschäft. Beliebt waren damals auch externe Abwicklungsgesellschaften, die die Altbestände mit den hoch hochverzinsten Versicherungsbeständen übernahmen. Die Policen der Kunden wurden an sogenannte Run-Off-Gesellschaften verkauft, ohne dass der eigentliche Kunde ein Mitspracherecht hatte. Derzeit befinden sich im externen Run-off laut der Ratingagentur Assekurata sieben deutsche Lebensversicherer mit einem geschätzten Prämienvolumen von 3,8 Mrd. Euro. Dies wiederum entspricht einem Marktanteil von vier Prozent.
Das bekannteste Beispiel für einen externen Run-off ist derzeit die Generali, die im Frühjahr 2019 ihre Lebensversicherungssparte mehrheitlich an Viridium verkaufte. Im Fall der Generali handelte es sich um 4 Millionen Verträge, die an die Viridium - Gruppe verkauft wurden. Für den Lebensversicherer bestand der eklatante Vorteil darin, die hohen Garantiezinsen nicht mehr durch Eigenkapital bedienen zu müssen. Die Nachteile lagen somit beim Versicherten, der keinerlei Kontrolle darüber hatte, wer seine Police betreut und ob das Run-Off-Unternehmen auch genügend finanzielle Sicherheit bietet.
Branchenbeobachteter befürchteten damals, dass dieser externe Run-off eine Initialzündung auslösen würde. Dennoch wurden in jüngster Zeit keine weiteren Auslagerungen vollzogen. Die Lebensversicherer verhalten sich derzeit eher zurückhaltend bezüglich der Herausforderungen mit ihren Altbeständen. Das mag aber auch dran liegen, dass die Durchführung eines Run-offs mit viel Aufwand und enormer Vorbereitungszeit verbunden ist. Oder die Lebensversicherer hoffen auf bessere Zinszeiten.
Fakt ist: Bis dato haben die Versicherten mit den bisherigen externen Run-offs in Deutschland keine finanziellen Einbußen in Kauf nehmen müssen. Dies zu mindestens belegt eine Assekurata- Auswertung aus November 2021. Anhand der Plattformen sei es gelungen, wenig profitable Versicherer zu kurzfristig rentableren Unternehmen zu gestalten. Und das ist letztendlich auch für die Kunden von Lebensversicherungen wichtig.