Beschert Evergrande uns den chinesischen Lehmann Brothers Moment?
Es drohen milliardenschwere Zahlungsausfälle beim chinesischen Immobilienriesen
Schnell werden dabei Erinnerungen wach an die Insolvenz der US-Investmentbank Lehmann Brothers, die im Jahr 2008 den Auftakt einer globalen Finanzkrise bildete. Wobei der Vergleich mit damals ein wenig hinkt, da den Schulden des Immobilienkonzerns gigantische Immobilienprojekte und Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 214 Millionen Quadratmetern gegenüberstehen. Dabei dürfte der Verkehrswert den ursprünglichen Kaufpreis von 60 Milliarden Dollar sogar übersteigen. Insofern könnte ein Verkauf, insbesondere der Filetgrundstücke, die derzeitige finanzielle Geldnot von Evergrande etwas mildern. Auch wenn potenzielle Käufer und Evergrandes Konkurrenten sich interessiert zeigen, spekulieren sie aufgrund der finanziellen Not des Immobilienkonzerns auf höhere Rabatte. Und selbst staatliche Käufer halten sich bis dato vornehm zurück.
Fakt ist: Der Immobilienkonzern schuldet neben Banken und Anleihegläubigern, hunderttausenden Privatanlegern, Baufirmen und Lieferanten Milliardenbeträge. Darüber hinaus warten mehr als eine Millionen Immobilienkäufer auf die Fertigstellung ihrer bereits bezahlten Wohnungen. Und hunderttausende Anleger, darunter allein 200.000 Evergrande Mitarbeiter, haben ihr Erspartes in geschlossene Finanzprodukte ihres Unternehmens investiert. Diese fürchten nun um Ihr Vermögen. Am vergangenen Wochenende hat der angeschlagene Konzern nun angekündigt, Investoren seiner Vermögensverwaltungsprodukte mit Immobilien auszahlen zu wollen. So sollen sich Anleger, die an der Rückgabe von Vermögensverwaltungsprodukten gegen Sachwerte interessiert seien, an ihre Anlageberater wenden oder eine lokale Niederlassung aufsuchen. Doch inwieweit Anleger bereit sind auf diese Tauschdeal einzugehen ist noch nicht absehbar. Die Proteste der Anleger auf Rückzahlung ihrer Gelder werden zunehmend lauter.
Unklar ist auch bis dato, ob Evergrande zudem weiter außerbilanzielle Schulden angehäuft hat.
Nachdem selbst der Immobilienkonzern Evergrande vor Zahlungsausfällen drohte, stuften Ratingagenturen jetzt das Unternehmen ab mit der Folge, dass die Aktien- und Anleihekurse einbrachen.
Zu Wochenbeginn warnte die Ratingagentur S&P davor, dass die Rettung des Immobilienkonzerns durch die chinesische Regierung eher unwahrscheinlich sei. Sie gehen davon aus, dass Peking nur dann dem Konzern zur Hilfe eilen wird, wenn es zu einer weitreichenden Ansteckung käme, die einen Zusammenbruch mehrerer Baufirmen zur Folge hätte oder die chinesische Wirtschaft systematisch gefährden würde. Eine Pleite von Evergrande allein reicht dafür nicht aus.